Städte, baut Promenaden, keine Parks!

von wolfgang

Die Spazierpromenade von Waidhofen an der Thaya

Gestern hatte ich das Privileg, die Literaturpromenade in Waidhofen an der Thaya bei bestem Kaiserwetter entdecken zu dürfen! Dabei fiel mir auf, wie viel besser mir Promenaden gefallen als klassische Spazierwege in Parks!

Die Literaturpromenade in Waidhofen an der Thaya hat viel von dem, was wir an italienischen und kroatischen Städten so sehr lieben und was in vielen mitteleuropäischen Städten bereits längst wegretuschiert, begradigt, renoviert und aalglatt gemacht wurde. Unterhalb der mittelalterlichen Stadtmauer von Waidhofen an der Thaya führt ein schmaler, verschlungener Pfad rund um den Waidhofener Altstadtkern. Zur einen Seite geht der Blick hoch hinauf auf die alten Gemäuer der Häuser und der Stadtbefestigung. Zur anderen Seite fällt das Gelände abrupt ab und gibt damit den Blick über die Dächer Waidhofens und die Thaya frei.

Was sich hier auf jedem Meter findet, ist ein wahrer Schatz für jeden Hobbyfotografen. Romantische Motive für jeden, der ein Auge dafür hat. Alte Bäume, die wachsen, wie es ihnen gefällt, gusseiserne Tore zu kleinen verwunschenen Gärten und Steintreppen, die hoch zu alten Holzeingangstüren führen, deren Patina Zeugnis dafür ist, dass sie viele Geschichten über die Bewohner der Häuser dahinter zu erzählen wissen.

Die Literaturpromenade teilt sich in eine Südpromenade und in eine Nordpromenade. Beide haben ihre eigenen Vorzüge und sind in jedem Fall sehens- und begehenswert. Ich habe mich am späten Vormittag für die Südpromenade entschieden und später für die Nordpromenade, sodass die Sonne immer ausreichend an meiner Seite war. Dennoch spenden dazwischen alte Bäume kühlenden Schatten, während stadtauswärts ausgerichtete Parkbänke dazu einladen, den Ausblick zu genießen.

Begeistert vermesse ich Meter um Meter dieser Stadtpromenade, die mir bisher entgangen war. Obwohl ich aufgrund unseres Tiny-House-Grundstücks in Waidhofen der Stadt schon oft einen Besuch abgestattet hatte, war ich hier noch nie. Dabei ist die Literaturpromenade über den großen Parkplatz am Waldrapp-Voliere perfekt zu erreichen. Entlang des Weges finden sich immer wieder Gedichte und Texte, die zu einer kurzen Pause einladen und die der Literaturpromenade ihren Namen geben. Sichtlich ist dieser Weg schon deutlich älter als die Schilder. Mir wird klar, dass die schwierige, steile Topografie rund um den Stadtkern hier perfekt ausgenutzt wurde, um eine willkommene Stadtbesichtigungstour für Sommerfrischler wie mich einzurichten. DANKE dafür!

Obwohl die Adria weit entfernt ist, erinnert mich vieles an der Promenade an den Lungomare in Opatija. Hinter jeder Kurve ein anderer Blick, der bis an den Horizont reicht, immer wieder andere, reizvolle Gebäude, die von anderen Zeiten erzählen und immer wieder Stellen, wo der Weg wieder etwas breiter wird und Grünflächen das Auge erfreuen. Nicht zuletzt ist mit der Thaya, die unter einem gemächlich fließt, ja doch auch noch Wasser in greifbarer Nähe. Für mich macht diese Promenade Waidhofen an der Thaya zu einer echten Sommerfrische, ganz zu schweigen von den anderen Reizen der Altstadt, in die es mich anschließend zieht. Genau genommen, in die Konditorei Müssauer, um dort meine Eindrücke dieses Spaziergangs bei einem Gabelfrühstück noch einmal Revue passieren zu lassen.

Die Literaturpromenade in Waidhofen zeigt, dass es nicht immer ein ausgedehnter Park sein muss, um eine Ruheoase in die Stadt zu bringen. Mit einem Spazierweg wie diesem lassen sich auch deutlich kleinere Flächen zwischen dem bebauten Gebiet perfekt nutzen. Ich kann nur hoffen, dass auch andere Städte sich ein Beispiel an Waidhofen an der Thaya nehmen und damit die Gelegenheit geben, Sightseeing mit Bewegung und wie in diesem Fall sogar Literatur zu verbinden.

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