Vor rund einem Jahr haben wir die unterirdischen Gänge in und um Vorau im Joglland besichtigt und dabei einen Tag erlebt, der uns wahrscheinlich bis ans Ende unserer Leben unvergesslich bleiben wird. Damals erfuhren wir, dass die sogenannten Erdställe, zu denen bereits rund 900 Eingänge nur um Vorau gefunden wurden, und von denen keiner so recht weiß, wozu sie einst dienten, möglicherweise in Verbindung mit den sogenannten Lochsteinen stehen.
Mysteriöse Lochsteine – Zeugen einer längst vergangenen Epoche?
Die Lochsteine finden sich in dieser Gegend der Steiermark ebenfalls sehr zahlreich. Bei diesen Menhiren, die zumeist zwischen eineinhalb und zwei Metern hoch sind, in seltenen Fällen auch deutlich größer, handelt es sich um bearbeitete Steine, die in vertikaler Ausrichtung zur Hälfte eingegraben in der Landschaft stehen. Die Besonderheit bei diesen Steinen ist im Gegensatz zu etwa Grenzsteinen nicht nur ihre Größe und Form, sondern eben ein Loch, das hinein gebohrt wurde, in einigen Fällen auch mehrere. Möglich erscheint ebenso, dass sie einst mit Inschriften versehen waren, von denen allerdings heute nichts mehr erkennbar ist.
Die Bedeutung der Lochsteine
Ob die Lochsteine überhaupt in Verbindung mit den Erdställen stehen oder ein völlig unabhängiges Phänomen darstellen, lässt sich aus heutiger Sicht nicht sicher sagen. Sicher ist lediglich, dass sie mindestens ebenso mysteriös erscheinen wie die Tunnel unter der steirischen Erde.
Was es allerdings gibt, sind eine Menge Theorien und Annahmen. Einige Forscher sehen die Lochsteine und Menhire als Relikte einer längst untergegangenen Monolithkultur. Geht es nach wissenschaftlichen Altersfeststellungen, die zumindest für die Erdställe vorgenommen wurden und stehen die Lochsteine mit diesen in Verbindung, so könnte es sich um rund 10.000 Jahre alte Zeugen einer Kultur handeln, von der wir heute nichts mehr wissen.
Einige Vermutungen, die eben eine solche Verbindung nahelegen, gehen davon aus, dass die Lochsteine einst entweder die Verläufe der unterirdischen Gänge oder aber deren Eingänge angezeigt haben. Schaut der Beobachter durch ein Loch, findet er entweder einen weiteren Lochstein, der ihn weiterführt oder die Richtung zeigt gleich den Punkt einer Erdstall-Einstiegsstelle an. So weit die Theorie.
Kaum mehr Menhire in situ
Diese Theorie sollte sich eigentlich leicht nachprüfen lassen, doch es scheitert daran, dass die meisten Lochsteine heute nicht mehr an ihrem ursprünglichen Orginalplatz stehen. Im Laufe der Jahrtausende waren sie im Weg und wurden ausgegraben oder an anderer Stelle für andere Zwecke verwendet. Zum Beispiel als Steher für ein Zaungatter, was viele dazu veranlasst, darin auch die Originalfunktion zu sehen. Es ist jedoch fraglich, ob der Nutzen dem Aufwand, die schweren Steine zu bewegen, tatsächlich gerecht wurde.
Dagegen spricht auch, dass die Steinarten, aus denen einige der Steine sind, gar nicht in der Gegend vorkommen, also von weit her transportiert werden mussten. Ein spiritueller bzw. religiöser Zweck liegt da bereits näher. Etwa wird vermutet, dass die Lochsteine wie ein Jahreskalender fungierten, anhand derer sich zu bestimmten Sonnenständen etwa die Sommersonnenwende ablesen ließ. Prüfen lässt sich auch dies nicht mehr aufgrund der nicht mehr in Originallage befindlichen Steine.
Dass die Steine einst eine sehr wichtige Stellung innehatten, dafür sprechen auch Überlieferungen von heidnischen Bräuchen. Denn von den „Heiden“ wurden die Steine so sehr verehrt, dass die Kirche eine ernst zu nehmende Konkurrenz darin sah. So ließ sie kurzerhand Marterl und Kappellen über die Steine bauen, damit die Bevölkerung weiterhin an dieselben Orte kommen konnte, anstatt der Menhire aber nun eben die christlichen Symbole anbetete. Auch in manch einer Kirch- oder Friedhofsmauer findet sich heute noch ein solcher Stein integriert.
Der Lochsteinrundweg
Wer sich selbst ein Bild von den steinernen Relikten machen möchte, der kann dies am besten am Lochsteinrundweg in Vorau tun. Gleichzeitig lässt sich dabei bei einem leichten Spaziergang die Schönheit des steirischen Jogllandes genießen. Als Startpunkt (der auch Zielpunkt ist) eignet sich der Mostschank Kuchlbauer in Vorau. Von dort weisen ausreichend Schilder stets den Weg. Alle paar 100 Meter taucht wieder ein Lochstein auf. Leider befinden sich auch diese natürlich nicht mehr in situ. Aber dennoch eignet sich der Lochsteinrundweg perfekt, um in dieses Phänomen einzutauchen und sich mit den Erkenntnissen anschließend gemeinsam bei einem Glas Most mit Gleichgesinnten auszutauschen.
1 Kommentar
https://www.subterravorau.at/menhire-und-lochsteine/